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voestalpine nimmt Sonderabschreibungen in der Höhe von 280 Mio. EUR vor

16. Dezember 2019 | 

Der Vorstand der voestalpine AG hat im November 2019 bekanntgegeben, dass die Auswirkungen der geänderten globalen ökonomischen Rahmenbedingungen auf die langfristige Positionierung von allen wesentlichen Geschäftsbereichen untersucht werden. Bei einer heute in Linz stattgefundenen Vorstandssitzung wurden weitreichende Entscheidungen auf Basis der Analyseergebnisse getroffen. Die jüngsten Veränderungen im globalen Wirtschaftsgefüge, allen voran der weltweite Handelskonflikt, aber auch die weitere Entwicklung Europas als Wirtschaftsraum mit sichtlich schwindendem Interesse an einer durchgängigen industriellen Wertschöpfungskette, erfordern über die reine kurzfristig operative Optimierung hinausgehende Maßnahmen.

Die voestalpine AG wird im laufenden Geschäftsjahr 2019/2020 in wesentlichen Geschäftsbereichen Sonderabschreibungen in Höhe von 280 Mio. EUR vornehmen. Dies sind die Ergebnisse von Werthaltigkeitsprüfungen („Impairment-Test“), die ergaben, dass Sonderabschreibungen vorwiegend bei den Gesellschaften Giesserei Traisen GmbH (Traisen, Österreich) und voestalpine Tubulars GmbH & Co KG (Kindberg, Österreich), Buderus Edelstahl GmbH (Wetzlar, Deutschland) sowie Automotive Components Cartersville Inc. und voestalpine Texas LLC (jeweils USA)  vorgenommen werden müssen.

Zusätzlich wurden in geringerem Umfang auch Abwertungen und Vorsorgen für Risiken mit negativen finanziellen Auswirkungen (u.a. Sanierungskosten) von rund 80 Mio. EUR gebildet. Die Effekte der Abschreibungen werden sich im 3. Quartal des laufenden Geschäftsjahres auf das EBIT auswirken, die Abwertungen und Vorsorgen zusätzlich auch auf das EBITDA.

Erwartung an langfristige Entwicklung der internationalen Märkte muss angepasst werden

Herbert Eibensteiner, Vorstandsvorsitzender der voestalpine AG

Wir bewerten die zukünftigen Markterwartungen angesichts der neuen Rahmenbedingungen nun deutlich vorsichtiger als ursprünglich geplant. Wir müssen daher unsere Erwartungshaltung betreffend der Werthaltigkeit einzelner Gesellschaften zurücknehmen und einmalige Sonderabschreibungen vornehmen. An unserer langfristigen strategischen Ausrichtung ändert sich nichts. Wir werden uns weiterhin auf technologieintensive Bereiche mit höchstem Qualitätsanspruch konzentrieren.

Herbert Eibensteiner, Vorstandsvorsitzender der voestalpine AG

Steel Division muss insgesamt 200 Mio. EUR in Traisen und Texas abschreiben

Der Impairment-Test hat für die Steel Division zwei Abschreibungen mit insgesamt 200 Mio. Euro notwendig gemacht. Einerseits wird die Giesserei Traisen (nach den strukturellen Veränderungen am europäischen Energiemarkt und zunehmender Konkurrenz aus Asien) ihre zukünftigen Ergebnisziele nicht halten können und muss 25 Mio. EUR abschreiben. Der weitaus größere Abschreibungsbedarf trifft andererseits das Werk in Texas (voestalpine Texas LLC). Die 2017 in Vollbetrieb gegangene Direktreduktionsanlage produziert jährlich rund zwei Millionen Tonnen hochqualitativen Eisenschwamm (HBI) als anspruchsvolles Vormaterial für die eigene Stahlproduktion in Österreich und für Kunden vorwiegend aus Nordamerika. Das HBI-Werk ist von den aktuell hohen Eisenerzpreisen und niedrigen Schrottpreisen besonders stark betroffen und diese Marktvolatilitäten werden zukünftig weiter zunehmen. Der globale Eisenerzpreis wird vor allem von der steigenden Nachfrage aus China beeinflusst, während der lokale Schrottpreis keine Auswirkungen (mehr) auf diesen Erzpreis zeigt. Diese Entkoppelung führt zu bisher nicht gekannten Preisausschlägen von Eisenerz und Schrott und wirkt sich damit direkt auf die HBI-Preise bzw. -Produktion aus.

Außerplanmäßige einmalige Abschreibungen u.a. in Cartersville und Wetzlar  

Das den ursprünglichen Plänen des Automotive-Werks in Carterville (USA) zugrunde liegende Produktivitätslevel kann nicht erreicht werden. Dies liegt u.a.  daran, dass ein effizienter Personaleinsatz (vergleichbar z.B. mit jenem in Europa) so nicht umsetzbar ist und daher zukünftig deutlich höhere Personalkosten zu erwarten sind. Damit werden auch die geplanten Ergebnisse nicht erzielbar sein. Der Abschreibungsbedarf liegt bei rund 40 Millionen Euro. In Cartersville hat die voestalpine 2014 ihren ersten Produktionsstandort für höchstfeste Leichtbau-Karosserieteile im nordamerikanischen Raum eröffnet und in den darauffolgenden Jahren schrittweise erweitert. Nach massiven Anlaufschwierigkeiten in der dritten Ausbaustufe zeichnet sich nun ein Ende der technischen Herausforderungen ab, derzeit werden mehrere Anlagen parallel hochgefahren. Bereits im kommenden Geschäftsjahr rechnet die voestalpine mit einem positiven Ergebnisbeitrag. Cartersville bleibt für die voestalpine ein wichtiger Standort in den USA. Aufgrund der nachhaltigen Verwerfungen am Automotive-Sektor und deren Auswirkung auf die Zulieferindustrie, mussten in der Metal Forming Division Abwertungen und Vorsorgen von rund 20 Millionen Euro u.a. für die Sanierung von weiteren Standorten gebildet werden.

Am europäischen Edelstahlmarkt haben sich in den vergangenen Quartalen aufgrund der Handelsrestriktionen Angebot und Nachfrage, vor allem im Werkzeugstahl, deutlich negativ verschoben. Besonders davon betroffen ist die deutsche voestalpine-Tochter Buderus Edelstahl. Neben dem Konjunkturrückgang in Europa, der Unsicherheit im Automotive-Bereich und stark gestiegenen Importen durch außereuropäische Konkurrenten, belasten auch hohe Energie- und Stromnetzkosten am Standort Wetzlar die Geschäftsentwicklung. Der Einmalaufwand (Sonderabschreibung und Sanierungskosten) beläuft sich bei Buderus Edelstahl auf rund 35 Mio. EUR und beinhaltet auch eine starke Reduktion des Eigenfertigungsanteils innerhalb eines Produktionsbereichs. Davon könnte in Summe ein Viertel der derzeit 1.500 Mitarbeiter (FTE) betroffen sein.

Strafzölle („Section 232“) treffen Nahtlosrohr-Produktion in Kindberg nachhaltig

voestalpine Tubulars, mit Produktionsstandort in Kindberg (Österreich), ist von den 2018 von der US-Administration eingeführten Strafzölle auf europäische Stahl- und Aluminiumprodukte („Section 232“) besonders betroffen. Nachdem auf unbestimmte Zeit mit Handelsbarrieren aufgrund der protektionistischen US-Handelspolitik gerechnet werden muss, wird eine Sonderabschreibung von immateriellen Vermögenswerten in Höhe von rund 20 Mio. EUR vorgenommen. voestalpine Tubulars ist auf die Produktion von hochbelastbaren Nahtlosrohren für die weltweite Öl-und Gasindustrie spezialisiert und exportiert mehr als die Hälfte der abgesetzten Menge in die USA.

Ausblick: operatives Ergebnis (EBITDA) von 1,2 Mrd. EUR erwartet

Basierend auf diesen außerordentlichen einmaligen Maßnahmen rechnet der Vorstand der voestalpine AG aus heutiger Sicht mit einem operativen Ergebnis (EBITDA) von rund 1,2 Mrd. EUR sowie einem gerade noch positiven Betriebsergebnis (EBIT). Der Vorstand wird dem Aufsichtsrat vorschlagen, für das Geschäftsjahr 2019/2020 eine der Situation angepasste und damit im Vergleich zum Vorjahr geringere Dividende – unter der Berücksichtigung einer Dividendenrendite und einer Payout Ratio – der Hauptversammlung vorzulegen.

Um eine Verbesserung sowie Stärkung der Finanzierungskraft sicherzustellen, arbeitet die voestalpine derzeit mit Hochdruck an der Umsetzung von zusätzlichen Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogrammen. Bis zum Ende des laufenden Geschäftsjahres 2019/20 (per 31. März 2020) werden 50 Mio. EUR eingespart, 2020/21 dann in Summe zumindest 100 Mio. EUR. Der Fokus liegt darüber hinaus auf Cashflow und Vorräteabbau. Arbeitsplätze sind in Österreich durch die heute bekanntgegebenen Einmaleffekte nicht gefährdet. Der Überstundenabbau, die Reduktion des Leasingpersonals und das Nicht-Nachbesetzen von freiwerdenden Stellen laufen nach Plan.

Der voestalpine-Konzern

Die voestalpine ist ein in seinen Geschäftsbereichen weltweit führender Technologiekonzern mit kombinierter Werkstoff- und Verarbeitungskompetenz. Die global tätige Unternehmensgruppe verfügt über rund 500 Konzerngesellschaften und -standorte in mehr als 50 Ländern auf allen fünf Kontinenten. Sie notiert seit 1995 an der Wiener Börse. Mit ihren qualitativ höchstwertigen Produkt- und Systemlösungen aus Stahl und anderen Metallen zählt sie zu den führenden Partnern der Automobil- und Hausgeräteindustrie sowie der Luftfahrt- und Öl- & Gasindustrie. Die voestalpine ist darüber hinaus Weltmarktführer bei kompletten Bahninfrastruktursystemen sowie bei Werkzeugstahl und Spezialprofilen. Im Geschäftsjahr 2018/19 erzielte der Konzern bei einem Umsatz von 13,6 Milliarden Euro ein operatives Ergebnis (EBITDA) von 1,6 Milliarden Euro und beschäftigte weltweit knapp 52.000 Mitarbeiter.