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U-Bahn und S-Bahn: Weichen stellen für die Zukunft

27. Oktober 2025 | 

Täglich bringen S- und U-Bahn Hunderte Millionen von Menschen sicher an ihr Ziel. Wie geräuscharme, vibrationsarme und wartungsfreundliche Weichen-Gesamtsysteme zu effizienter und nachhaltiger urbaner Mobilität beitragen? Robert Demal, Vice PresidentProduct Management Fixations und System-Experte für Metro Systeme, voestalpine Railway Systems GmbH, über die Weichenlösungen der Gegenwart und Zukunft.

Herr Demal, was bedeutet es für voestalpine Railway Systems, ein Systemanbieter zu sein – speziell im Bereich Weichensysteme?

 

Weichen werden in der Regel als Prototypen ausgelegt, da die spezifischen Anforderungen je nach Kund:in und Einsatzbereich erheblich variieren. Durch unseren Systemansatz verfügen wir über ein tiefgreifendes Verständnis sowohl der einzelnen Komponenten als auch ihrer Wechselwirkungen im Gesamtsystem. Dies ermöglicht es uns, das System Weiche gezielt an die individuellen Bedürfnisse unserer Kund:innen anzupassen, die Komponenten entsprechend zu konfigurieren und deren Zusammenwirken optimal zu steuern 

Wie profitieren Bahnbetreiber konkret von einem ganzheitlichen Systemansatz im Vergleich zu Einzellösungen?

Bei voestalpine Railway Systems bieten wir für unsere Kund:innen integrierte Systemlösungen aus einer Hand, und dabei profitieren sie von einer zentralen Ansprechperson, die den gesamten Projektverlauf – von der Planung bis zur Inbetriebnahme – begleitet und koordiniert. Die Weichenkomponenten können dabei vormontiert als funktionsgeprüftes System bereitgestellt und im Sinne eines just-in-time-Konzepts termingerecht eingebaut werden. Darüber hinaus übernehmen wir die systemspezifische Integration und Abstimmung der Weichen mit anderen Signaling-Komponenten wie Antrieben, Überwachungs- und Diagnosesystemen. Dadurch entfallen für unsere Kund:innen aufwendige Abstimmungsprozesse mit mehreren Projektbeteiligten. Gleichzeitig stellen wir eine hohe Systemverfügbarkeit sicher und minimieren betriebsbedingte Ausfallzeiten. Der gesamte Prozess – von der Weichenauslegung über die Systemintegration bis hin zur Montage – wird durchgängig qualitätsgesichert und funktional abgestimmt.

Was sind die größten Herausforderungen im Metrobereich – und wie adressieren Sie diese mit einem integrierten Systemansatz?

Städtische Schienenstrecken verfügen in der Regel über keine Redundanz in Form von Ausweichgleisen. Ein Ausfall einzelner Streckenabschnitte führt daher unmittelbar zu erheblichen Einschränkungen im Verkehrsfluss, was mit negativen Auswirkungen auf die Betriebsstabilität und das öffentliche Image des Betreibers einhergehen kann. Vor diesem Hintergrund gewinnen sowohl die Lebensdauer von Gleis- und Weichenkomponenten als auch die Effizienz von Instandhaltungsmaßnahmen zunehmend an Bedeutung. Insbesondere im U-Bahn-Bereich erfordern immer längere Betriebszeiten bei gleichzeitig verkürzten Wartungsfenstern eine hochgradig optimierte Instandhaltungsstrategie. Hinzu kommt die zunehmende Belastung durch hohe Zugfrequenzen – in urbanen Metropolregionen sind Taktzeiten von 90 Sekunden keine Ausnahme –, wodurch sich die Anforderungen an die Belastbarkeit und Systemverfügbarkeit signifikant erhöhen. 

Eine gezielte, zustandsorientierte Instandhaltung sowie der Einsatz langlebiger, hochbelastbarer Komponenten sind daher essenziell. Im spezifischen Anwendungsbereich des Betonoberbaus – wie er im Metrobereich häufig zur Anwendung kommt – stellt zudem die Minimierung von Schall- und Schwingungsemissionen ein zentrales Ziel dar. Durch die systematische Abstimmung von Schiene, Befestigungssystem und Weichenkomponenten sowie die gezielte Wahl eines Systems mit reduzierter Steifigkeit kann eine wirksame Dämpfung von Lärm und Vibrationen erreicht werden. Darüber hinaus werden beanspruchte Elemente wie Zungen und Herzstücke gezielt für die hohen dynamischen Lasten im innerstädtischen Betrieb ausgelegt. 

Diese Maßnahmen leisten einen entscheidenden Beitrag zur Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit, zur Reduktion betriebsbedingter Störungen und damit zur Sicherstellung eines leistungsfähigen, verlässlichen und nutzerfreundlichen städtischen Schienenverkehrs. 

Welche Rolle spielen digitale Lösungen und Zustandsüberwachung in einem holistischen Weichensystem?

In den letzten Jahren haben wir gesehen, dass der Trend angesichts kontinuierlich steigender Fahrgastzahlen und zunehmender Zugfrequenzen ganz klar Richtung Echtzeit-Zustandsüberwachung geht. Besonders im Bereich der Weichen, die aus einer Vielzahl mechanischer und elektromechanischer Komponenten bestehen und eine hohe Anzahl potenziell verschleißanfälliger Bauteile aufweisen, gewinnt die kontinuierliche Zustandsüberwachung zunehmend an Bedeutung. Traditionelle, intervallbasierte Instandhaltungsstrategien stoßen unter den heutigen betrieblichen Rahmenbedingungen – insbesondere im Hinblick auf verkürzte Wartungsfenster und die Notwendigkeit hoher Anlagenverfügbarkeit – zunehmend an ihre Grenzen.

Durch die Implementierung sensorbasierter Monitoring-Systeme und datenbasierter Diagnosetechnologien kann der Wartungsbedarf bedarfsgerecht identifiziert und die Instandhaltungsplanung optimiert werden. Dies ermöglicht eine gezielte, ressourceneffiziente Durchführung von Wartungsmaßnahmen, reduziert ungeplante Ausfälle und trägt wesentlich zur Betriebssicherheit sowie zur Lebensdauerverlängerung der Weichenanlagen bei

Welche Trends sehen Sie in der Zukunft von Weichensystemen noch – insbesondere im Kontext von Systemlösungen?

Neben der Echtzeit-Zustandsüberwachung sind zunehmend Nachhaltigkeit und ein möglichst niedriger CO2-Fußabdruck unserer Produkte gefordert. Wir prüfen unsere aktuellen und zukünftigen Forschungsprojekte bereits auf Nachhaltigkeitsaspekte und arbeiten daran, den CO2-Footprint unserer Produkte auf ihre Lebensdauer gesehen weiter zu reduzieren. Durch die Entwicklung von Komponenten mit verlängerter technischer Lebensdauer und erhöhter Verfügbarkeit lässt sich der CO-Footprint signifikant senken, da Wartungs- und Austauschzyklen reduziert sowie Ressourcen effizienter genutzt werden können.

Ergänzend untersuchen wir das Potenzial kreislaufwirtschaftlicher Ansätze, insbesondere die Wiederverwendung und das Recycling von Komponenten, um Materialeinsatz und Emissionen über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg weiter zu verringern.

Diese Maßnahmen tragen dazu bei, die ökologische Gesamtbilanz unserer Systeme kontinuierlich zu verbessern.

Wie unterstützt voestalpine Railway Systems Bahnbetreiber bei der Transformation hin zu nachhaltiger und digitaler Infrastruktur?

Wir entwickeln unsere Produkte und Systemlösungen in den meisten Fällen in enger Zusammenarbeit mit unseren Kund:innen. Die spezifischen Anwendungsbedingungen und betrieblichen Herausforderungen werden dabei frühzeitig in den Entwicklungsprozess integriert, um sicher zu stellen, dass unsere Lösungen optimal auf die jeweiligen Einsatzszenarien abgestimmt sind. 

Wir sind im Bedarfsfall immer so schnell wie möglich vor Ort und geben direkten technischen Support. Eine kontinuierliche, transparente Kommunikation und bestmögliche Unterstützung sind das Fundament für eine nachhaltige-, partnerschaftlich ausgerichtete Zusammenarbeit mit messbarem Mehrwert für beide Seiten.

Über den Experten

Schon von Kindesbeinen an ist Robert Demal mit der Bahn verbunden und hat diese Leidenschaft mit in seinen Beruf genommen. Heute unterstützt er als Vice President Product Management Fixations sowie als System-Experte für Metro Systeme bei voestalpine Railway Systems in Zeltweg Kund:innen dabei, die idealen Systemlösungen für ihre Anforderungen zu finden. Robert Demal ist bereits seit 2014 für die voestalpine tätig.