Sorted scrap material

Kennzahlen in der Kreislaufwirtschaft: Was bei der HPM dahintersteckt

Zahlen sind klar und eindeutig – oder? Wenn es um den „Recycled Content“ als wichtige Nachhaltigkeitskennzahl geht, besteht aufgrund verschiedener Berechnungsarten durchaus Raum für Interpretationen. Warum Zahl nicht gleich Zahl ist und wie die HPM den Anteil an recyceltem Material in unseren Produkten validiert berechnet.

Das Wiederverwenden von Materialien spielt eine zentrale Rolle in der Nachhaltigkeit. Rohstoffe sollen möglichst lange im Kreislauf gehalten werden, um Ressourcen zu schonen, Abfall zu vermeiden und Emissionen zu senken. Ein wichtiger Indikator dafür ist der sogenannte „Recycled Content“, also der Anteil recycelter Materialien in einem Produkt. Recycling gehört auch zu unseren zentralen Nachhaltigkeitszielen im Kontext von inSPire, unserem rahmengebenden Nachhaltigkeitskonzept. Wir arbeiten daher gemeinsam mit unseren Produktionsgesellschaften voestalpine BÖHLER Edelstahl GmbH & Co KG, Uddeholms AB und Villares Metals S.A. schon seit einiger Zeit daran, auf Unternehmensebene eine standardisierte Berechnungsmethode für unseren Recycled Content zu entwickeln.

Systematisch, transparent, eindeutig

Auch in der HPM spüren wir das steigende Interesse unserer Kund:innen an geprüften Zahlen zum Recyclinganteil unserer Produkte. Denn was genau hinter nicht validierten Zahlen steckt, ist oft nicht eindeutig. Wir haben daher unsere Berechnungsmethodik nach den Normen ISO 14021:2016 und EN 45557:2020 entwickelt. Wir führen damit eine systematische und transparente Bewertung unseres durchschnittlichen jährlichen Recycled Content auf Unternehmensebene durch. Diesen Wert machen wir unseren Kund:innen sowie anderen Interessengruppen zugänglich, um sie bei ihren umweltbezogenen Entscheidungen zu unterstützen und das Bewusstsein für Kreislaufwirtschaft und Ressourcennutzung zu stärken.

Vergleichbarkeit = ISO-basiert + extern geprüft

Wichtig zu wissen ist, dass Zahlen nur dann vergleichbar sind, wenn sie extern überprüft sind. Auch wenn eine Zahl an den ISO-Standard angelehnt ist, wird sie doch erst durch die Überprüfung durch Dritte wirklich vertrauenswürdig. Um höchstmögliche Transparenz und Klarheit sicherzustellen, haben wir uns daher für einen externen Review unserer Berechnungsmethodik gemäß der Normen ISO 14021 und EN 45557 entschieden. Nach einem umfangreichen Bewertungsprozess durch die Nachhaltigkeitsexpert:innen von Daxner & Merl erhielten die voestalpine High Performance Metals GmbH sowie die drei Tochtergesellschaften voestalpine BÖHLER Edelstahl GmbH & Co KG, Uddeholms AB und Villares Metals S.A. im November 2025 eine externe Überprüfungserklärung („Review Statement“). Diese Erklärung markiert den erfolgreichen Abschluss der Bewertung unserer Berechnungsmethode.

Methode 1: ISO/EN-basierter Recycled Content

Grundlage für unsere Berechnungen sind die recycelten metallischen Materialien, die wir in unseren Produkten verwenden. In unseren Prozessen nutzen wir auch andere Materialien wie Koks oder Schlackenbinder, für die Berechnung des Recycled Content konzentrieren wir uns jedoch auf die metallischen Einsatzstoffe in unseren Produkten. In Übereinstimmung mit den Normen ISO 14021:2016 und EN 45557:2020 werden in den Berechnungen des Recyclinganteils daher folgende Einsatzstoffe berücksichtigt:

  • Schrott aus nachgelagerten Herstellungsprozessen (Pre-Consumer-Schrott) – z. B. Material, das beim Schneiden oder während der Endbearbeitung anfällt
  • Schrott von den nachgelagerten Endverbrauchern des Produkts, der nicht mehr für seinen vorgesehenen Zweck verwendet werden kann (Post-Consumer-Schrott) – z. B. Werkzeuge(teile) aus Stahl der HPM, die zum Recycling rückgeführt werden
  • Auch Sekundärrohstoffe (z. B. Schleifschlämme) gehen als Recyclingbestandteil in das Produkt ein.

Aus der Klassifizierung als recyceltes Material und damit aus der Berechnung ausgeschlossen ist sogenannter „interner Schrott („internal Scap“). Dieser wird laut ISO definiert als Schrott, der bei der Herstellung bis zur Verfestigung des flüssigen Metalls anfällt und dann als Feststoff zurückbleibt. Da dieser Schrott ohne Vorbehandlung wieder im selben Produktionsprozess eingeschmolzen werden kann, wird dieser gemäß ISO-Norm vom Recycled Content ausgeschlossen.

Die Norm EN 45557 wurde ursprünglich für energiebezogene Produkte entwickelt, ihre Grundsätze lassen sich jedoch allgemein für die Bewertung des Anteils an recycelten Materialien anwenden. Daher verwenden wir die Norm EN 45557 als Ergänzung zu den Leitlinien der ISO 14021 für selbstdeklarierte ökologische Angaben, um sicherzustellen, dass unsere Methodik transparent ist und den anerkannten europäischen und internationalen Normen für Kreislaufwirtschaft und Materialeffizienz entspricht.

Methode 2: Recyclingrate basierend auf recycelten Schrotten und anderen Sekundärrohstoffen

Da interner Schrott nicht in der ISO-basierten Berechnung enthalten ist, er aber dennoch einen wichtigen Bestandteil einer nachhaltigen Denkweise in den Produktionsprozessen darstellt, verwenden wir in der HPM eine zweite Berechnungsmethode: Recycelte Schrotte und Sekundärrohstoffe. Zusätzlich zu den Materialien der ISO-basierten Berechnung umfasst diese Methodik auch die Verwendung von internem Schrott. Wir haben uns das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2030 in unseren Produktionsprozessen divisionsweit mehr als 90 % an recyceltem Schrott und Sekundärrohstoffen zu verwenden. Damit wollen wir Ressourcen schonen und die Abhängigkeit von neuen Primärmaterialien in unseren Produktionsprozessen verringern. Dadurch kann der CO2–Fußabdruck unserer Produkte reduziert und die Versorgungssicherheit in der Lieferkette verbessert werden.

Die Faustregel: Hohe Komplexität, niedrige Recycling-Kennzahl

Ein weiterer entscheidender Aspekt hinter dem Anteil an recyceltem Material ist die Zusammensetzung des Werkstoffs. Je komplexer und spezifischer ein Produkt ist, desto komplizierter ist auch das Recycling. Ein Beispiel aus dem täglichen Leben: Eine Scherbe Buntglas im Weißglas verhindert meist die Herstellung von Weißglas aus dieser Charge. Ebenso müssen genügend saubere Weißglaschargen vorhanden sein, um wieder Weißglas herstellen zu können. Ähnlich ist es bei unseren Werkstoffen, die durch verschiedene Legierungen, quasi die „Gewürze“ der Herstellung, veredelt werden. Stahl, der einen geringeren Anteil an Legierungen enthält, kann potentiell mehr Recyclingmaterial aufnehmen als hochlegierte Werkstoffe. Es muss außerdem genügend rein sortierter Schrott zur Verfügung stehen, um spezielle Werkstoffe herstellen zu können. Der maximal erreichbare Recycled Content eines Produktes ist also von der Verfügbarkeit des Schrottes und den technischen Spezifikationen des Werkstoffs abhängig. Tendenziell haben hochqualitative Spezialprodukte im Regelfall einen niedrigeren Recycled Content als geringer legierte Produkte. Daher kann die Kennzahl auch je nach Produktionsstandort und dessen Spezialisierung variieren. Als HPM haben wir uns das klare Ziel gesetzt, den Recycled Content aller Produkte sukzessive bis zu den technischen Limitationen zu erhöhen.

Das Ziel: Weiter inSPirieren

Wir legen großen Wert darauf, unsere Nachhaltigkeitsinitiativen transparent zu kommunizieren. Unsere ISO-basierte und extern validierte Berechnungsmethode für unseren Recycled Content bringt noch mehr Klarheit und Eindeutigkeit in unsere Zahlen. Die derzeit auf Unternehmensebene verfügbare Berechnungsmethode wird daher im nächsten Schritt auch auf Produktebene ausgerollt. Damit wollen wir gemeinsam mit unseren Lieferant:innen und Partner:innen noch gezielter die wichtigen Transformationsprozesse von heute mitgestalten.