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Recyclinglogistik für grünen Stahl: Woher kommt der Schrott für den EAF?

Recyclinglogistik für grünen Stahl: Woher kommt der Schrott für den EAF?

In diesem Artikel
 

Neben den Bauarbeiten für die Anlagen und deren Peripherie, der Strom- und Medienversorgung, der kompletten Digitalisierung des Prozesses und vielen weiteren Themenfeldern stellt die Rohstoffversorgung der grünen Stahlproduktion einen wesentlichen Teil der Transformation dar. Mit dem Hochlauf der Elektrolichtbogenöfen an den Standorten Linz und Donawitz werden ab 2027 etwa 2,2 Mio. t hochwertiger Schrott benötigt – eine Verdopplung gegenüber heute.

Aktuell kaufen wir 700.000 t Schrott pro Jahr für Linz und 200.000 pro Jahr für Donawitz. Das wird sich 2027 mit dem Hochlauf des Elektrostahlofens mehr als verdoppeln.

Christoph P.
voestalpine Rohstoffbeschaffungs GmbH

Schrott ist nicht gleich Schrott

Für die Produktion von grünem Stahl werden unterschiedliche Arten von Schrott benötigt, die sich in ihrer Herkunft und Zusammensetzung unterscheiden.

a) Pre-Consumer-Schrott (Neuschrott):

  • Entsteht direkt bei der Produktion, z. B. als Verschnitt in der Automobilindustrie.
  • Die Zusammensetzung ist bekannt und sortenrein.
  • Beispiel: Presswerkschrott von Automobilkunden wie Audi oder BMW.

b) Post-Consumer-Schrott (Altschrott):

  • Stammt aus ausgedienten Produkten wie Autos, Haushaltsgeräten oder Bauabfällen.
  • Muss aufwändig gesammelt, sortiert und analysiert werden.
  • Wird oft über klassische Schrotthändler:innen und Recyclingpartner bezogen.

Altschrott umfasst die gesamte Palette der ausgedienten Stahlprodukte – vom Kühlschrank über den Wasserboiler bis zum Heizkörper. Alteisenhändler:innen übernehmen aber auch ausgediente Eisenbahnräder, Altfahrzeug-Karosserien oder Trägerschrotte. Viele dieser Schrotte werden im Schredder zerkleinert und im besten Fall direkt am Band online analysiert. Diese Prozesse wurden in den letzten Jahren aufgebaut und ermöglichen mittlerweile gute Schredderschrotte mit hoher Reinheit und genauen Analysen. Recyclingschrott ist durch das technologiegestützte Trennen und Schreddern kostspieliger, hat aber eine enorme klimaschützende und prozesssichernde Bedeutung.

Qualitativ hochwertiger Schrott ist nicht der, der glänzt, sondern jener, bei dem die Analyse bekannt ist. Die Außenhaut bei Autos zum Beispiel ist für uns unlegierter Schrott mit bekannter Analyse.

Christoph P.
voestalpine Rohstoffbeschaffungs GmbH

Das bezieht sich auf die Zuschlagstoffe Kupfer, Chrom, Nickel, Molybdän oder Zinn, die die mechanisch-technologischen Eigenschaften (z. B. Streckgrenze, Zugfestigkeit, Zähigkeit etc.) beeinflussen können.

Schrottlogistik: So funktioniert der Kreislauf

Die Inhaltsstoffe von Presswerkschrott (Pre-Consumer-Schrott, Neuschrott), der zum Beispiel durch Ausschneiden von Fensterflächen in den Produktionen unserer Automobilkunden:innen aus Deutschland entsteht, sind bestens bekannt. Diesen Schrott holen wir in geschlossenen Kreisläufen in unsere Prozesse zurück. Unsere Coils für deren Karosserieproduktion liefern wir per Schiene direkt in die Werke und nehmen am Retourweg den wertvollen Stahlschrott wieder mit. Dieses System, bekannt als Bayern-Shuttle, sorgt für einen nahtlosen Materialkreislauf.

Bei Audi in Ingolstadt holen wir 100 % des Presswerkschrotts zurück: Jede Tonne, die dort aus der Presse purzelt, bringen wir nach Linz.

Thomas St.
Cargo Service GmbH

Der Bayernshuttle ist ein seit drei Jahren geführtes, geschlossenes Rundlaufsystem auf der Schiene mit der süddeutschen Automobilindustrie auf der Strecke Linz, Regensburg (BMW), Dingolfing (BMW) bis Ingolstadt (Audi) – fünfmal pro Woche.

Schrott-Hub Ennsdorf

Doch nicht nur die Automobilindustrie ist Teil unseres Kreislaufs. Solche Closed-Loop-Konzepte streben wir mit vielen unserer Kund:innen an und auch klassische Eisenhändler:innen binden wir in unsere umfassende Schrottlogistik ein. Zentrale Knotenpunkte wie der Schrott-Hub Ennsdorf lagern, sortieren und bereiten jährlich bis zu einer Million Tonnen Altmetall für den Weitertransport vor. Die Anbindung dieses Hubs erfolgt trimodal – also per Lkw, Bahn und Schiff – und ermöglicht so eine flexible und nachhaltige Logistik.

Für den Transport großer Schrottmengen kommen spezielle Leichtbauwaggons „Scrap on track“ zum Einsatz, die einen Zugladungsvorteil von ca. 30 % verbuchen und dessen Aufbau und Plattform zudem aus Stahl der greentec steel Edition gefertigt sind. Ab 2027 werden täglich zwei bis drei Güterzüge mit jeweils 18 Waggons vom Schrott-Hub nach Linz und Donawitz fahren. Die Sortierung des Schrottes wird dabei zunehmend durch digitale Systeme und Machine Learning unterstützt, die den Schrott nach Qualität, Gewicht und weiteren Parametern erfassen und kategorisieren.

Bestmögliche Leistung am Schrott-Hub Ennsdorf:

  • Lieferkapazität: knapp 700.000 t bis 1 Mio. t Altmetall
  • trimodale Anbindung (Lkw, Bahn, Schiff)
  • IT-Anbindung und Datenverarbeitung (mittels Machine Learning-Technologie fotografiert, kategorisiert; Daten zu Wagennummer, Qualität, Gewicht, Radioaktivitätsmessung)

Dieser Schrott-Pendel auf der Schiene zwischen Linz und Ennsdorf wird derzeit zweimal pro Woche (Dienstag und Samstag) mit Speziallokomotiven für Elektro- und Dieselbetrieb in der optimalen Losgröße von 18 Wagen betrieben.

Für den reibungslosen und effektiven Schrotttransport zu den Einsatzorten im Linzer Werk per Bahn sind zusätzlich notwendig: eine leistungsstarke Schienentrasse, zusätzliche Entladegleise, 34.000 m² neue Betriebsstraßen und eine 800 m lange, automatisierte Förderbahn, die ab 2027 auch den Elektrolichtbogenofen mit Rohstoffen versorgen wird.

Am aktuellen Schienennetz werden fixe Trassen gebucht und mit den Ganzzügen von den Junction-Points, dem Schrott-Hub, nach Linz und nach Donawitz gefahren.

Thomas St.
Cargo Service GmbH

Zukünftig können dann auf einer Länge von 300 Metern jährlich 2,2 Mio. t Schrott oder täglich sechs Fremdschrottzüge mit einer Gesamtlänge von mehr als 1.500 m abgewickelt werden. Zudem arbeiten wir an der elektrischen Versorgung, der Um- bzw. Neuverlegung von Signal- und Medienleitungen und an Anpassungen bei den Kamera- und Beleuchtungsanlagen.

Unsere Schrotteinkaufsstrategie ruht auf verlässlichen Säulen:

  • Partnerschaft und Beteiligung mit Scholz Austria (europaweit tätiger Schrotthändler)
  • Partnerschaft mit Eisen Neumüller in Oberösterreich (Teil der Alfa Gruppe in Deutschland)
  • Rückholung von Kund:innenschrotte (zum Beispiel: Audi, Mercedes, BMW, Magna, …), aufgebaut wird auch eine Rückholung bei Schienenkund:innen. .
  • Rückholung der Konzernschrotte unserer Presswerke – in erster Linie aus Deutschland, um die Logistikkosten im guten Verhältnis zur Qualität zu halten.

Um unseren Partner:innen eine verlässliche Entsorgung und uns eine nahtlose Versorgung zu sichern, bauen wir gemeinsam mit Recyclingpartner:innen kontinuierlich neue Schrott-Hubs auf – etwa in Budweis, Regensburg, Wien oder Knittelfeld. So bleibt die Versorgung auch bei logistischen Herausforderungen stabil und reduziert den ökologischen Fußabdruck der Stahlherstellung – dank geschlossener Kreisläufe, effizienter Transportwege und digitaler Sortierung.

Blog-Summary

Für die grüne Stahlproduktion durch den Einsatz der Elektrolichtbogenöfen (EAF) wird sich der Fremdschrott verdoppeln. Teil der verantwortungsbewussten Schrottlogistik sind regelmäßige Schrottrückholungen von unseren Kund:innen und hochqualitativ sowie leistungsfähigen Schrottaufbereiter:innen. So schließen wir den nachhaltigen Stahlkreislauf, sichern die Produktion und tragen aktiv zum Klimaschutz bei.

FAQs

  • Schrott ist ein großes Thema, wenn es um Emissionsreduzierung und Nachhaltigkeit in der Stahlerzeugung geht. Je mehr Schrott eingesetzt wird, desto geringer ist der CO2-Ausstoß. Den Wertstoff wiederzuverwenden ist damit ressourcenschonend und genau der Schritt, den wir brauchen, um die immer spürbarer werdenden Folgen des Klimawandels abzumildern. Technik und Metallurgie leisten hier einen wertvollen Beitrag dazu, einerseits hochqualitative Produkte zu fertigen und gleichzeitig die Umwelt zu schonen.

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Die voestalpine ist ein weltweit führender Stahl- und Technologiekonzern mit kombinierter Werkstoff- und Verarbeitungskompetenz. Die global tätige Unternehmensgruppe verfügt über rund 500 Konzerngesellschaften und -standorte in mehr als 50 Ländern auf allen fünf Kontinenten. Sie notiert seit 1995 an der Wiener Börse. Mit ihren Premium-Produkt- und Systemlösungen zählt sie zu den führenden Partnern der Automobil- und Hausgeräteindustrie sowie der Luftfahrt- und Öl- & Gasindustrie und ist darüber hinaus Weltmarktführer bei Bahninfrastruktursystemen, bei Werkzeugstahl und Spezialprofilen. Die voestalpine bekennt sich zu den globalen Klimazielen und verfolgt mit greentec steel einen klaren Plan zur Dekarbonisierung der Stahlproduktion.