Unser Weg zur CO2-Neutralität 4 Minuten Lesezeit
Umwelt

Unser Weg zur CO2-Neutralität

Stephanie Dirnbacher-Krug
Als selbstständige Journalistin übermittelt Stephanie Dirnbacher-Krug für voestalpine komplexe Themen einfach und verständlich. Zu ihren thematischen Schwerpunkten zählen Wirtschaft, Recht sowie Gesundheit und Nachhaltigkeit.

Mit der Transformation der Stahlproduktion haben wir ein gewaltiges Potenzial zur Reduktion von CO2-Emissionen. Um dieses zu heben, ergreifen wir unterschiedliche Maßnahmen, die sich auch auf den Handel mit CO2-Zertifikaten auswirken.

Wenn jährlich rund zwei Millionen Autos weniger auf der Straße unterwegs wären, würden enorme Mengen an CO₂-Emissionen wegfallen. Das Ausmaß der Einsparungen entspricht der CO₂-Reduktion durch den Betrieb unserer zwei künftigen Elektrolichtbogenöfen (EAFs).

Anders ausgedrückt: Läuft alles nach Plan, werden wir ab 2027 durch den Ersatz je eines Hochofens in Linz und Donawitz in Summe ungefähr vier Millionen Tonnen CO₂ im Jahr einsparen. Das entspricht knapp 5 % der gesamten aktuellen CO₂-Emissionen Österreichs. Der genaue Beginn der Umsetzung ist noch abhängig von der Klärung offener Förderfragen und dem zeitgerechten Ausbau des Stromnetzes.

Grüne Stahlproduktion

Mit diesem großen Schritt in Richtung grüne Stahlproduktion unter der Bezeichnung greentec steel kommen wir unserem Ziel– eine klimaneutralen Stahlproduktion bis spätestens 2050 – bedeutend näher. Die Reduktion der Treibhausgase ohne Kompromisse bei der Qualität unserer hochwertigen Stahlgüten steht für uns im Zentrum unserer technologischen und umweltpolitischen Bestrebungen.

 

voestalpine Weg zur CO2-Neutralität

CO₂-Reduktion durch Technologieumstellung

Es ist schon viel geschehen: Die spezifischen CO₂-Emissionen pro Tonne Rohstahl konnten wir durch technologischen Fortschritt und verbesserte Produktionsprozesse seit 1990 bereits um circa 20 % senken. Weitere signifikante Reduktionen sind aber nur mit einem Technologiewechsel möglich. Auch Themen wie CO₂-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung können Bausteine im gesamten Bild der Transformation darstellen.

 

voestalpine Weg in die CO2-Neutralität-Photovoltaik

Hohe Kosten für Emissionsrechte

Unsere intensiven Bemühungen zur CO₂-Reduktion sind auch mit dem Emissionshandelssystem der Europäischen Union verknüpft, auf dessen Grundlage dem voestalpine-Konzern jährliche Aufwendungen von derzeit rund 240 Millionen Euro entstehen, Tendenz stark steigend.

Wie funktioniert der Emissionshandel?

Das Emissionshandelssystem der Europäischen Union (ETS) ist ein Schlüsselinstrument zur Erreichung der europäischen Klimaziele. Demnach müssen emissionsintensive Industrien, der Stromerzeugungssektor und die Luftfahrt für ihre CO₂-Emissionen Zertifikate erwerben: Ein Zertifikat berechtigt zum Ausstoß von einer Tonne CO₂.

Für diesen CO₂-Markt, der über Versteigerungen funktioniert, hat die EU eine Obergrenze für Treibhausgasemissionen festgesetzt, die sie – genauso wie die Menge an handelbaren CO₂-Zertifikaten – sukzessive herabsenkt, wodurch auch die Preise im Zeitverlauf steigen.

Ende 2022 hat sich die EU unter dem Titel „Fit for 55“ auf eine Verschärfung des ETS geeinigt: Die Sektoren, die dem ETS unterliegen, müssen ihre Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2005 um 62 % statt bisher 43 % reduzieren.

 

voestalpine Weg zur CO2-Neutralität EU Fahnen

Die Schwächen des EU-Emissionshandelssystems

So wirksam das Emissionshandelssystem innerhalb der EU ist, es hat eine bedeutende Schwäche: Es ist ein Inselsystem, weil es hauptsächlich nur für die EU gilt. Dadurch haben EU-Unternehmen einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Wirtschaftsräumen ohne vergleichbare CO₂-Bepreisungen. Um diese Wettbewerbsnachteile abzufedern und ein Abwandern der Industrie in Nicht-EU-Länder mit weniger strengen Klimaschutzauflagen (Carbon Leakage) zu verhindern, erhalten deshalb abwanderungsgefährdete Industrien wie zum Beispiel die Chemie- oder Stahlindustrie eine bestimmte Anzahl an kostenlosen CO₂-Zertifikaten zugeteilt. Im voestalpine-Konzern machen die Gratis-Zertifikate zwei Drittel aus.

CO₂-Grenzausgleich und Auslaufen der Gratis-Zertifikate bis 2034

Weichenstellend für unsere Zukunft ist die bevorstehende Einführung eines europäischen CO₂-Grenzausgleichs (CBAM – Carbon Border Adjustment Mechanism) in Verbindung mit einer Revision des Emissionshandelssystems. Demnach müssen Importeure ein dem EU-Emissionshandel entsprechendes System einer CO₂-Bepreisung erfüllen oder ansonsten Einfuhrzölle entrichten. Im Gegenzug laufen die Gratis-Zertifikate für die ETS-Betriebe ab 2026 sukzessive aus. Bis 2034 sollen sie ganz abgeschafft sein. Somit sind umfassende und fundierte Klimaschutzpläne wie greentec steel die Grundlage zur Erhaltung der eigenen Handlungsfähigkeit.

 

voestalpine Weg zur CO2-Neutralität Europakarte

Zusätzliche indirekte CO₂-Kosten

Zu den Kosten der direkten CO₂-Emissionen kommt, dass ETS-Betriebe über den Bezug von Fremdstrom noch einmal indirekt für CO2-Emissionen zahlen. Denn der Stromerzeugungssektor, der ja ebenfalls dem ETS unterliegt, schlägt seine Kosten für die CO2-Zertifikate auf den Strompreis drauf und verrechnet sie somit weiter. Die meisten EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, kompensieren diese zusätzlichen Kosten bereits seit 2012 über die sogenannte „Strompreiskompensation“. In Österreich sind vergleichbare Mechanismen noch nicht umgesetzt.

Voraussetzung für die Transformation

Mit unserer Transformation der Stahlproduktion sind wir auf dem richtigen Weg. Allein mit dem Einsatz der EAFs können wir jährlich so viel CO₂ einsparen, wie der gesamte Gebäudesektor in Österreich in zwei Jahren ausstößt. Allerdings kann diese Transformation nur mit entsprechenden Rahmenbedingungen funktionieren. Allen voran braucht es die Verfügbarkeit von grüner Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen und starke, unionsweite Netzinfrastrukturen. Wir werden uns weiterhin konstruktiv bei der Gestaltung dieser Rahmenbedingungen einbringen, um das Ziel eines grünen und international wettbewerbsfähigen Produktionsstandorts Österreich zu erreichen.

Stephanie Dirnbacher-Krug