
Europa hat in der Entwicklung unserer Welt über viele Jahrhunderte eine dominierende Rolle gespielt, die allerdings in den letzten Jahrzehnten durch neue politische und wirtschaftliche Konkurrenten in Ost und West zunehmend in Frage gestellt wurde. Es gibt keinen Zweifel, dass wir in der Europäischen Union heute vor der gemeinsamen Entscheidung stehen, ob wir diese Herausforderung annehmen oder von vornherein einfach klein beigeben.
Brief des Konzernvorstands und des Konzernbetriebsrats zur EU-Wahl
Wollen wir die Herausforderung annehmen, ist es hoch an der Zeit, dass sich die in der jüngeren Vergangenheit in vielerlei Hinsicht durchlässig gewordenen europäischen Reihen wieder schließen. Letztlich dreht sich alles um eine einzige Frage: Wie können die politischen Institutionen, aber auch die Wirtschaft, Europa als Ganzes dauerhaft zukunftsfähig machen, dabei auch noch – wo berechtigt – nationale Unterschiede und Besonderheiten im Blick behalten und in diesem Spannungsfeld eine stabile europäische Identität entwickeln? Gehen wird dies nur mit Offenheit, Mut zur Veränderung und – wahrscheinlich am schwersten zu erreichen – den bewussten Blick über den jeweiligen nationalen Tellerrand hinaus. Ziel muss es sein, uns nicht mehr als Deutsche, Franzosen, Schweden, Polen, Italiener oder Österreicher zu fühlen, sondern mehr denn alles andere als Europäer. Wir brauchen dazu – auch in der Zukunft – nicht auf unsere jeweilige Geschichte zu verzichten, auch nicht auf nationale Eigenheiten. Aber im Kräftemessen mit den alten und neuen „Global Playern“ müssen wir Geschlossenheit und Stärke zeigen, müssen wir an eine erfolgreiche europäische Zukunft glauben und daher auch konsequent daran arbeiten. Dabei ist unsere Ausgangsbasis überzeugender und stärker als die anderer Weltregionen: Der durchschnittliche Wohlstand der Menschen in Europa liegt über dem aller anderen großen Wirtschaftsregionen, Frieden und Sicherheit sind stabiler, die Armut geringer und die Lebenserwartung höher.
Dass wir Europäer aber zur Absicherung all dessen, was uns so selbstverständlich erscheint, den großen gemeinsamen Schutzschirm der Europäischen Union in den langfristig entscheidenden Fragen wollen – schon weil wir ihn mehr denn je als Signal der Stärke brauchen –, können und müssen wir bei der kommenden Europawahl deutlich machen. Jedes einzelne Land für sich allein, auch die „Großen“ wie Deutschland oder Frankreich, ist einfach zu klein, um den neuen Herausforderungen durch China oder die USA Paroli bieten zu können.
Vergessen wir dabei eines nicht: Die EU insgesamt liegt in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung nach wie vor gleichauf mit diesen Regionen und muss daher in der globalen Wahrnehmung auch künftig eine Rolle auf Augenhöhe mit ihnen spielen, zumal wir in Europa in einer Reihe von Wirtschaftsbereichen über High-Tech-Industrie und Spitzenforschung verfügen. Damit schaffen wir es – Silicon Valley hin und Singapur her – als EU nicht weniger als ein Viertel der globalen Wirtschaftsleistung darzustellen, und es liegt an uns Europäern selbst, dass das so bleibt.
Im Zuge von fast 75 Jahren Frieden ist Europa trotz aller Probleme und Rückschläge in einem Ausmaß zusammengewachsen, wie sich das die Gründungsväter dessen, was heute Europäische Union heißt, wohl nicht erwartet haben. Wie schon erwähnt, noch nie ging es den Menschen hier wirtschaftlich besser als heute und noch nie in der Geschichte gab es in Europa eine so lange andauernde Friedensperiode. Europa ohne Grenzen und mit dem Euro als einheitlicher gemeinsamer Währung ist heute selbstverständlich geworden, vielleicht zu selbstverständlich, denn all das musste schwer erkämpft werden.
Die gemeinsamen Stärken und Chancen Europas müssen jedoch noch viel mehr als bisher im Bewusstsein seiner Bürger verankert werden. Zielsetzung kann es dabei nur sein, eine gemeinsame Identität nicht nur als freie, selbstbestimmte und zukunftsorientierte Gesellschaft zu schaffen, sondern die EU zu deren Absicherung auch als global wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort zu positionieren.
Damit das demokratische Europa eine realistische und tragfähige Zukunftsstrategie entwickeln kann, braucht es die breite Rückendeckung seiner Bürgerinnen und Bürger. Wir alle müssen dazu unseren Beitrag leisten. Dazu zählt auch – und gerade – die Teilnahme an der Europawahl, und zwar als klares Bekenntnis zu einem gemeinsamen, friedlichen und menschlich geprägten Europa.
Gehen wir am 26. Mai wählen – für ein starkes gemeinsames Europa und gegen die Zweifler!
Der Konzernvorstand Der Konzernbetriebsrat