Das Plasma-Team 4 Minuten Lesezeit
greentec steel

Das Plasma-Team

Volkmar Held
Als freier Autor berichtet Volkmar Held für voestalpine über Themen, die bewegen. Die inhaltlichen Schwerpunkte seiner Storys reichen von der Archäometallurgie bis zu Zukunftstechnologien.

Die Plasmaschmelzanlage SuSteel ist eine visionäre Option für die klimaneutrale Stahlerzeugung mit Wasserstoff. Am voestalpine-Standort Donawitz spürt ein Team aus Wissenschaftlern und Technikern den Möglichkeiten dieser Weltneuheit nach.

 

In Donawitz wurde etwas weltweit Einmaliges errichtet. Hier entsteht derzeit im Rahmen des Projektes SuSteel (Sustainable Steelmaking) eine Versuchsanlage, an der die CO2-freie Herstellung von Rohstahl in einem Prozessschritt mithilfe einer neuartigen Wasserstoff-Plasmatechnologie erforscht wird.

Neue Technologie für greentec steel

Genauer gesagt, handelt es sich um eine Anlage für Wasserstoffplasma-Schmelzreduktion, englisch Hydrogen Plasma Smelting Reduction, daher auch HPSR genannt. „Mit HPSR soll feinstkörniges Eisenerzkonzentrat in einem Gleichstromelektrolichtbogenofen mit Wasserstoffplasma auf direktem Weg zu schmelzflüssigem Stahl reduziert bzw. geschmolzen werden, und das letztendlich in industriellem Maßstab“, fasst Bernhard Geier von der voestalpine Stahl Donawitz GmbH das Ziel zusammen.

Gemeinschaftsprojekt für Klimaneutralität

Die Realisierung der Versuchsanlage bildet bereits den zweiten Skalierungsschritt des Projekts. Die SuSteel-Anlage soll bis zu 50 kg Stahl in einem Versuch erzeugen können. Zum Vergleich: Ihr Vorläufer, eine Laboranlage der MU Leoben, beschied sich noch mit 100 g Endprodukt. Die Roadmap von greentec steel und die ersten großen Schritte zur CO2-Reduktion sind durch die Integration der Direktreduktions- und Elektrolichtbogenofentechnologie in die bestehende Hochofen-Konverter-Prozessroute klar festgelegt. Diese Technologien haben einen hohen Reifegrad und sind großtechnisch verfügbar. „Dabei darf aber der Blick auf Entwicklungen, die in 20 Jahren eine Rolle spielen könnten, nicht verloren gehen“, ordnet Irmela Kofler von K1-MET den HPSR-Prozess in ihre Forschungsarea „Low Carbon Energy Systems“ ein.

Bei SuSteel (Sustainable Steelmaking), einem Forschungsprojekt der K1-MET GmbH in Zusammenarbeit mit der voestalpine und der Montanuniversität Leoben, steht eine wasserstoffbasierte Technologie im Fokus

Das „SuSteel“-Team (v.l.n.r.) mit Axel Sormann, Bernhard Geier, Harald Mayrhofer, Daniel Ernst, Michael Zarl, Horst Burger, Lukas Schmidt, Markus Walenta, aber nicht im Bild: Christoph Thaler.

Das Team von SuSteel

Das Projekt ist ein zentraler Bestandteil des COMET-Forschungsprogrammes von 2019 bis 2023 beim metallurgischen Kompetenzzentrum K1-MET, mit der industriellen Unterstützung der voestalpine Stahl Donawitz und voestalpine Stahl in Linz sowie der wissenschaftlichen Begleitung durch die Montanuniversität Leoben. Vertreter aller vier beteiligten Partner bilden daher auch das Team.

Axel Sormann, K1-MET
… sieht mit seiner mehr als 30-jährigen Erfahrung in der Eisen- und Stahlmetallurgie das SuSteel-Projekt als sein wichtigstes an – weil es für eine der bedeutendsten technologischen Richtungsentscheidungen unserer Zeit steht. Und hat sich bereits vor 30 Jahren mit dem Thema befasst: „An der Montanuniversität hat uns die Plasma-Technologie schon in den 80/90er-Jahren beschäftigt; meine Dissertation war bereits ein früher Teil dieser Forschungsinitiative zu einem Thema, das jetzt bedeutend wie nie zuvor geworden ist.“

Bernhard Geier, voestalpine Stahl Donawitz
… kam 2016 von K1-MET zu voestalpine Stahl Donawitz und SuSteel; er begleitet die Versuche an der Donawitzer Anlage und koordiniert die Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen von voestalpine: „SuSteel ist aus wissenschaftlich-technischer Sicht ein hochinteressantes Projekt, dessen Bedeutung angesichts des Klimawandels zunimmt.“

Michael Zarl, K1-MET
… arbeitet bereits seit 2017 am SuSteel-Projekt mit und hat 2021 seine Doktorarbeit über die Entwicklung der Scale-up-Parameter der Anlage erfolgreich verteidigt: „Nachdem die grundsätzliche Funktionsweise der Plasmaschmelzreduktionsanlage nachgewiesen ist, steht vor uns die gewaltige Herausforderung, sie in den unterschiedlichen Leistungs-Dimensionen zu beherrschen.“

Horst Burger, voestalpine Stahl Donawitz
… hat für den Werksausbau den Aufbau der Versuchsanlage in Donawitz begleitet: „Wir haben es gemeistert, die HPRS-Anlage termingerecht und innerhalb des Budgets zu errichten – das ist allerhand für ein Aggregat, das bisher noch nie gebaut wurde und so nirgends auf der Welt existiert.“

Harald Mayrhofer, K1-MET
… ist intensiv mit der Anlagenbetreuung befasst: „Die Vor- und Nacharbeiten der einzelnen Versuche, Wartung und Feuerfestzustellung sind unverzichtbare Elemente fast jeder metallurgischen Versuchsschmelze. Bei SuSteel kommt aber hinzu, dass die Anlage eine absolute Novität ist, bei der wir uns das Wissen erst anarbeiten müssen. Ein Glück, dass die Zusammenarbeit in unserem buntgemischten Team so gut funktioniert.“

Daniel Ernst, Montanuniversität Leoben
… arbeitet an seiner Doktorarbeit über Plasmaschmelzverfahren und widmet sich dabei intensiv dem heißen Kern der HPSR: „Unsere größte technologische Herausforderung ist der Wasserstoffplasma-Lichtbogen im Aggregat. Wir müssen ihn noch weiter stabilisieren, um den Prozess robuster zu machen.“

Christoph Thaler, voestalpine Stahl GmbH
… pendelt bei Notwendigkeit von seinem Arbeitsort Linz zur HPSR-Anlage in Donawitz: „Dort unterstütze ich die Schmelzversuche. Doch zuvor habe ich mich z. B. um die sicherheitstechnische Beurteilung für SuSteel gekümmert, denn auch die Versuchsanlage ist eine Betriebsanlage und muss als solche abgenommen werden. Das ist durchaus herausfordernd, schließlich gibt es keine vergleichbaren Anlagen. Für die weitere Skalierbarkeit dieser Technologie orientieren wir uns darauf, diejenigen Parameter herauszufiltern, die einen reproduzierbare Versuchsdurchführung sichern.“

Lukas Schmidt,K1-MET
… zeigt sich begeistert davon, dass mit dem funktionierenden Prozess und mit dem Vorhandensein von ausreichend erneuerbarer elektrischer Energie die CO2-Emission der Eisen- und Stahlindustrie komplett wegfallen würde: „Die Übertragung des Prozesses auf den jetzigen Maßstab und zukünftig auf einen noch größeren birgt große Herausforderungen in sich. Für Logistik, Prozess und Anlage müssen hier neue Konzepte erstellt und umgesetzt werden.“

Markus Walenta, voestalpine Stahl Donawitz
… muss sich das nötige Wissen für die Instandhaltung der SuSteel-Versuchsanlage am Service Center Mechanik & Elektrik autodidaktisch aneignen: „Unsere Anlage ist wie alle Prototypen exakt auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten und nicht von der Stange zu haben. Jedes Ersatzteil werden wir in Eigenregie fertigen – aber solche Herausforderungen können uns nicht schrecken.“