Autos werden immer größer. Deswegen müssen sie leichter werden – logo? 4 Minuten Lesezeit
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Autos werden immer größer. Deswegen müssen sie leichter werden – logo?

Timo Völker
Timo Völker leitet das Motorressort der Tageszeitung „Die Presse“ in Wien.

Weniger ist mehr, so ließe sich eines der heißesten Zukunftsthemen im Autobau beschreiben. Auf dieser Reise treffen wir auf einen alten Bekannten. Ein Blick von Timo Völker auf den Leichtbau-Trend.

Es ist nicht wirklich zu übersehen auf der Straße: Unsere Autos werden immer größer. Das kommt einem nicht nur so vor, das lässt sich in Zahlen gießen: Der neue VW Polo ist um 30 Zentimeter länger als der erste Golf. Der aktuelle Golf wiederum ist 55 Zentimeter länger als der erste Passat. Der heutige Passat ist länger als ein 5er-BMW der 1990er-Jahre. Und so weiter. Alles wächst. Das hat viel mit Komfort und Sicherheit zu tun, also mit Wohlstand und gestiegenen Ansprüchen. Die Technik schreitet mit und sorgt dafür, dass die Fahrzeuggewichte nicht völlig aus dem Ruder laufen. Denn mehr Gewicht heißt mehr Verbrauch. Und den kann man für die Zukunft gar nicht gut gebrauchen.

USA = SUV

SUV BrueckeDieses Wettrennen spitzt sich allerdings zu. Denn eine ebenfalls nicht zu übersehende Entwicklung treibt die Fahrzeuggrößen noch stärker hinauf, als das evolutionär (siehe oben) ohnehin schon stattfindet: Die Liebe zu den großen Kisten. In drei Buchstaben: S.U.V.

Klar, nichts Neues. Doch wer meinte, das Phänomen hätte ein Ablaufdatum: Nach aktuellen Studien sind SUVs noch sehr lange haltbar. Fast so, als wäre ihre Zeit erst jetzt richtig gekommen. Und zwar ziemlich weltweit.

In den USA entdecken die sogenannten Millennials (zwischen 1980 und 2000 Geborene) nach ihrer Slacker-, Grunge-, Bobo- und Hipster-Phase (kein Anspruch auf Vollständigkeit) eine etwas stabilere Lebensform: die Freuden der Familie. Nicht im Kühlschrank von Mum und Dad, sondern mit eigenen Kids. Mit eigenem Haus in den Suburbs. Dort ist ganz viel Platz für ein schönes Auto davor – ein SUV natürlich, was sonst? Analysten sagen speziell den Full-Size-Geräten enorme Wachstumsraten voraus. Denn eine Nummer größer, als es die Eltern taten, möchte man es schon haben.

Die Großen kommen nach Europa

Von den USA flugs nach Österreich, stellvertretend für den Markttrend in Europa: Noch sind die SUVs auf Platz zwei hinter der Kompaktklasse (Quelle: Statistik Austria), doch ihre Wachstumsraten sind wesentlich höher, beziehungsweise: nur SUVs legen wirklich zu, alle anderen Formate stagnieren prozentual oder gehen zurück. Und wenn man in Richtung IAA blickt: Die Hersteller haben noch eine Menge Ideen, was sich an Hochparterre-Fahrzeugen in nächster Zeit realisieren ließe.

Leichtbau ist Trumpf

Und damit haben sie auch ein Problem. Es hat zwei Buchstaben und eine Ziffer: CO2. Auch wenn es SUVs in fast allen Größen- und Gewichtsklassen gibt – die Bauweise mit höheren Aufbauten (dadurch mehr Stirnfläche) und größeren Rädern (ein wichtiges Element im SUV-Schick) sorgt nicht für einen sparsameren Umgang mit Kraftstoff. Also steht das Gewicht im Mittelpunkt. Was die Fahrwiderstände angeht, ist es neben der Aerodynamik der entscheidende Faktor. Leichtbau ist Trumpf. Und wie geht der genau?

Exotische Materialien? Magnesium, Titan. Klingt super. Für Supersportwagen, bei denen die Kosten Nebenthema sind.

Karbon? Ebenfalls kein Kandidat für Massenproduktion. Das hat BMW durchgespielt. Nach dem i3 und dem i8 mit ihren Karbonchassis‘ kommt nun eine Palette von konventionellen Elektrofahrzeugen (etwa auf Basis X3 und 3er) auf den Markt. Anders lässt sich für den Hersteller im Volumengeschäft einfach keine Marge erzielen. Ferrari, Lamborghini (beide in Sonderserien), McLaren – wer von den Autobauern ernsthaft auf Karbon setzt, verkauft nicht mehr als ein paar Tausend Autos im Jahr.

Alu? Kann viel, keine Frage. Kostet aber auch viel. Zudem: Keine ganz weiße Weste in der CO2-Gesamtbilanz, auch das wird künftig ein Thema sein. Blickt man zur Jaguar/Land Rover-Gruppe, die sich als Speerspitze des Aluminiumbaus sieht, entdeckt man: Alu in den großen Baureihen. Die kleinere Plattform, auf der sämtliche Volumenmodelle stehen: Stahl, nix Alu. Und selbst die Alu-Architekturen kommen an sensiblen Stellen nicht ohne hochfeste Stähle aus.

Stahl erfindet sich neu

So treffen wir also wieder einen sozusagen alten Bekannten. Nur dass Stahl gar nicht mehr wiederzuerkennen ist, wenn man länger nicht das Vergnügen hatte. Dass der Werkstoff als bewährt gilt, heißt nicht, dass er nicht immer wieder neu erfunden werden kann. Mit den pressgehärteten Stählen hat die voestalpine eine völlig neue Türe aufgestoßen. Deren Eigenschaften erlauben Leichtbau bei höchster Festigkeit, auf eine Weise, die sich in der Massenproduktion rechnet. Und in der Masse werden die Weichen gestellt. Die sind übrigens auch noch aus Stahl, aber das ist eine andere Geschichte.

Mehr zum Fokus Mobilität: www.voestalpine.com/mobility