
Vom ersten Produktionsschritt bis zum Einbau eines fertigen Teils in das Flugzeug dauert es im Schnitt zwei Jahre. Wir begleiten das Bauteil „Lower Spar“, Verbindungsstück zwischen Flügel und Triebwerk, auf einem kleinen Abschnitt seiner Reise: durch die Produktion bei voestalpine BÖHLER Aerospace.
In der High Performance Metals Division ist voestalpine BÖHLER Aerospace die Gesellschaft, die sich beinahe zu hundert Prozent der Luftfahrt verschrieben hat. Sie produziert hochbeanspruchbare Gesenkschmiedeteile für dieses anspruchsvolle Kundensegment. Eines dieser Teile ist der „Lower Spar“; eine sicherheitskritische Komponente, die sich im Pylon (Flügelmittelkasten) befindet, der den Flügel eines Flugzeugs mit dem Triebwerk verbindet. Bei voestalpine BÖHLER Aerospace durchläuft der „Lower Spar“ unzählige Produktionsschritte auf dem Weg von stabförmigem Vormaterial zu fast einbaufertigem Flugzeugteil.
1. Stopp: Vormateriallager und Werkzeugbau
Der Start der „Lower Spar“-Produktionskette befindet sich im Bereich Vormateriallager und Werkzeugbau. Hier wird das Vormaterial, ein Halbzeug aus nichtrostendem Chromstahl, vom Lieferanten übernommen und akribisch einer Eingangsprüfung unterzogen. Ein essenzieller Schritt, denn Teile für die Luftfahrtindustrie sind äußerst sicherheitskritisch, weshalb Normen und Spezifikationen zu jeder Zeit extrem genau eingehalten werden müssen. Anschließend wird der Stab eindeutig gekennzeichnet und im voll automatisierten Hochregallager eingelagert. Prozesskräne befördern das Material automatisch zu den direkt angebundenen Sägeaggregaten. Dort wird es in kleinere Stücke, so genannte Schmiedestöckel, zersägt, vorbereitet, gekennzeichnet und zum nächsten Abschnitt, der Pressenfertigung, geliefert.
2. Stopp: Pressenfertigung
In der Pressenfertigung durchläuft der Stöckel ganze 17 weitere Stationen im Produktionsprozess. In jedem Schritt wird das Material seiner endgültigen Form nähergebracht und in den wesentlichen Prozessen die metallurgischen Eigenschaften sichergestellt. Vom Vorformen an der neuen hochmodernen hydraulischen Schnellschmiedepresse über das Vorpressen auf der Spindelpresse bis zum Fertigpressen, bei dem das Material seine endgültige Schmiedeform erhält. Schließlich werden bei der zweistufigen Wärmebehandlung in speziellen Öfen die finalen mechanischen Eigenschaften laut Kundenanforderungen eingestellt. In einer eingehenden Ausgangskontrolle und Qualitätsprüfung wird das gesamte Produkt, also Schmiedeteil plus Dokumentation, von speziell ausgebildeten Fachexperten nochmals akribisch kontrolliert. Danach tritt der „Lower Spar“ seine weitere Reise an.
3. Stopp: Prüfbereich
Hat der nun schmiederohe „Lower Spar“ seinen Weg durch die Pressenfertigung abgeschlossen, erwarten ihn drei besonders sensible Hauptbearbeitungsschritte. Zunächst wird das Bauteil manuell bearbeitet, geschliffen und Gratansätze entfernt. Dieser Schrittnennt sich Fertigputzen und ist essenziell, um die einwandfreie Oberfläche des Bauteils zu garantieren. Im Hauptprüfvorgang wird anschließend mit fluoreszierender Magnetpulverprüfung die Rissfreiheit sowie der fehlerfreie Oberflächenzustand bestätigt. Zudem erfolgt eine Härteprüfung, um die Qualität der durchgeführten Wärmebehandlung nach dem Schmieden zu verifizieren. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Prüftechnik benötigen umfassende, weltweit standardisierte Ausbildungen, um die Prüfungen durchführen zu dürfen. Nach einer abschließenden Abnahme geht es für den „Lower Spar“ weiter zu seinem letzten Stopp: der Endfertigung.
4. Stopp: Endfertigung
Ist das geschmiedete „Lower Spar“-Bauteil in der Endfertigung angekommen, wird zunächst beim Jet-Cutten (Wasserstrahlschneiden) ein extra dafür vorgesehenes Probestück zur externen Erprobung entnommen. Anschließend wird das Bauteil beim Endkennzeichnen genauestens nach Kundenvorschrift markiert. Ob die Maße des Schmiedeteils auch genau den Anforderungen entsprechen, wird danach bei der optischen Vermessung kontrolliert. In der Zerspanung wird die Fläche des „Lower Spar“ gefräst, um die Ebenheit innerhalb der engen Toleranz sicherzustellen. Nach dem Fräsen wird das Bauteil mittels taktiler Vermessung weitestgehend automatisch erneut geprüft und die Bearbeitung des Schmiedeteils verifiziert. Sind all diese Bearbeitungsschritte abgeschlossen, wird der „Lower Spar“ zur Fertigbearbeitung an den Kunden geliefert, bevor er später final im Flugzeug verbaut wird.
#voestalpineanbord – Über den Schwerpunkt Luftfahrt
Bereits seit rund 100 Jahren ist die voestalpine etablierter Zulieferer der Luftfahrt-Industrie. Für namhafte Kunden weltweit fertigt der Konzern extrem komplexe, höchstbeanspruchbare sowie sicherheitskritische Bauteile, sodass praktisch jedes Flugzeug mit einem Stück voestalpine fliegt. Zum Neustart nach den heftigen Turbulenzen der Covid-19-Pandemie gibt das Unternehmen mit dem Schwerpunkt Luftfahrt Einblicke in die ganz spezielle (Aero-)Dynamik dieses Geschäftsbereichs.