Meisterklasse dominiert beim vorletzten der voestalpine European Races in Berlin 4 Minuten Lesezeit
Formel E

Meisterklasse dominiert beim vorletzten der voestalpine European Races in Berlin

Gerald Enzinger
10 Jahre Chefredakteur der SportWoche und seit 20 Jahren als Journalist auf den Rennstrecken dieser Welt unterwegs. In Österreich u.a. für die Autorevue, www.motorprofis.at und die Kleine Zeitung.

Zum Rennen der Champions wurde der E-Prix von Berlin, das vierte von fünf Rennen der voestalpine European Races 2019. Denn am Ende standen mit dem Sieger Lucas di Grassi, Sebastien Buemi und Jean-Eric Vergne alle noch aktiven Meister in der Geschichte der ABB FIA Formula E Championship am Podium. Womit der regierende Titelträger Vergne als flotter Dritter nicht nur die Führung im Championat ausbaute, sondern auch die Führung in der Wertung der voestalpine European Races übernahm. Damit kommt der Franzose aus dem Team DS TECHEETAH als Favorit zum Europa-Finale nach Bern.

Audi gewinnt erneut das Heimspiel

Im faszinierenden Ambiente des ehemaligen Flughafens Tempelhof hatten die deutschen Fans beim BMW i Berlin E-Prix presented by CBMM niobium auch beim vierten Rennen Grund zur Freude: Wie schon im Vorjahr gewann ein Pilot des Teams Audi Sport ABT Schäffler. War es 2018 Daniel Abt, so ging der Sieg diesmal an Lucas di Grassi. Für den Brasilianer ist es der zehnte Sieg seiner Karriere, der zweite in dieser Saison und der erste bei einem der voestalpine European Races. Di Grassi liegt in der Meisterschaft der ABB FIA Formula E Championship nun auf Platz 2, und er könnte seine sensationelle Bilanz fortsetzen. Denn in der Endwertung der Meisterschaft belegte der Audi-Pilot bislang die Endplatzierungen 3, 2, 1 und 2. Damit war er in jeder Saison unter den Top 3 des Championats. Der Brasilianer, der 2014 in Peking auch das erste Rennen der Historie gewonnen hat, sicherte sich zudem den Zusatzpunkt für die schnellste Rennrunde. „Es fühlt sich so gut an, wir haben in den vergangenen Rennen so hart gearbeitet“, jubelt Di Grassi, der „überglücklich“ ist. Di Grassi verdankt seinem Sieg einem starken Überholmanöver gegen Sebastien Buemi (e.dams Nissan), der aus der Pole Position gestartet war und Zweiter wurde. Da Jean-Eric Vergne als Dritter ins Ziel kam, standen am Ende vor der beeindruckenden Kulisse tausender Fans ausschließlich Champions bei der Siegerehrung. Es scheint so, als ob nach einer extrem vielseitigen Meisterschaft zum Ende hin wieder die Legenden dieses Sports ihre ganze Erfahrung ausspielen können.

Zehn (!) Piloten können noch die voestalpine European Races Trophy gewinnen

Vergne war für viele der aufregendste Fahrer des Rennens – einmal mehr überzeugte der bekanntlich zweikampfstarke Pariser mit tollen Überholmanövern, mit denen er von Startplatz 8 auf Rang 3 stürmte. Das war exakt die Platzierung, die er benötigte, um auch die Führung in der Wertung der voestalpine European Races zu übernehmen. Und zwar von seinem diesmal sehr unglücklichen DS TECHEETAH-Teamkollegen André Lotterer, der wegen technischer Probleme erst als letzter starten musste und dann nach einem starken Rennen auch noch ausfiel. Damit können nun beim Finale in Bern noch zehn (!) Piloten die Trophy als Gesamtbester der voestalpine European Races gewinnen:

  • Vergne (einmal 1. Platz, einmal 3. Platz)
  • Lotterer (zweimal 2. Platz)
  • Di Grassi, Evans, Frijns (je einmal 1. Platz)
  • Rowland, Buemi (je einmal 2. Platz) sowie
  • Vandoorne, Abt und Massa (je einmal 3. Platz).

Di Grassi PK WienDass in vier Rennen zugleich zehn verschiedene Fahrer die in Summe 12 möglichen Podien erreicht haben, zeigt von der Ausgeglichenheit der Serie. Am 22. Juni 2019 wird in Bern die Entscheidung fallen, wer die Trophäe gewinnen wird. Vielleicht wird ja Di Grassis Traum war. Der Berlin-Sieger hatte schon bei der Präsentation in Wien Anfang April gesagt, dass er den Pokal „gleich am liebsten mitnehmen würde“. Vielleicht kommt er in Bern ins Handgepäck.

 

Comeback am Podium unmittelbar vor dem Heimspiel

Sebastien Buemi ist, noch knapp vor Di Grassi, der erfolgreichste Fahrer in der Geschichte dieser Rennserie. Nun durfte sich der Schweizer über die Pole Position und Platz zwei freuen – und damit, man glaubt es nicht, über sein erstes (!) Podium in der 5. Saison und in einem Gen2-Car. Zugleich war seine Pole-Position schon die 13. – dadurch liegt er in der ewigen Bestenliste haushoch in Führung. Hinter ihm platzieren sich in dieser Statistik Vergne und Felix Rosenqvist mit 8 bzw. 6 Starts von ganz vorne. Für Buemi kommt der Aufschwung genau rechtzeitig vor dem Heimrennen in Bern. Dort fuhr er kürzlich bei einem Show-Event: „Ich denke, das wird eine sehr spannendes Rennen auf einer spektakulären Strecke mit vielen Höhenunterschieden.“

Ein Hauch von Hollywood in der Formel E

Es hatte einen (sehr) guten Grund, warum viele der führenden Akteure der ABB FIA Formula E Championship erst am Freitag morgen in Berlin eintrafen. Denn sie waren am Donnerstag noch beim Filmfestival in Cannes – bei der Präsentation der Dokumentation über die letzte Saison (2017/18). Produziert wurde der Film mit dem Titel „And We Go Green“ von Hollywood-Regisseur Fisher Stevens. Formel E CEO Alejandro Agag feierte dabei mit Leonardo DiCaprio, Orlando Bloom, Brooklyn Beckham, Hana Cross, Adriana Lima, Pixie Lott, Oliver Cheshire oder Dua Lipa.

Gedenken an Niki Lauda

Apropos Hollywood: Niki Lauda, dessen Leben einst auch von Hollywood verfilmt worden war, war natürlich auch in den Gedanken zahlreicher Rennfahrer. So erinnerte Sieger Lucas di Grassi daran, dass Lauda eine große Inspiration für Generationen von Rennfahrern ist und Gary Paffett erzählte, wie sehr ihn Lauda – dessen Sohn Mathias einst sein Teamkollege war – von der Persönlichkeit her beeindruckt habe. Vor dem Rennen gab es eine Trauerminute für die Legende aus Österreich.

Das Finale der voestalpine European Races findet am 22. Juni 2019 in Bern statt.

Gerald Enzinger