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Akustisch optimierte Weichenherzstücke

6. September 2022 | 

voestalpine Railway Systems und Getzner Werkstoffe forschen an neuen Weichen zur Bekämpfung von Bahnlärm in besiedelten Gebieten. Mit hochdämpfenden Polyurethan-Kompositwerkstoffen verfüllte Weichenherzstücke zeigen das Potenzial zur reduzierten Schallabstrahlung und damit einen höheren Wohnkomfort für Anrainer.

Problemstellung: Lärm im Nahbereich von Bahnstrecken

Der akustisch deutlich wahrnehmbare Stoß, welcher durch längere Liegedauer des Weichenherzstücks im Gleis entsteht, ist sowohl für Bewohner in der Nähe als auch für Bahnbetreiber sehr störend. Verschiedenste Maßnahmen wie Lärmschutzwände oder Schallschutzfenster stellen aktuell den Wohnkomfort der Anrainer weiterhin sicher.

Entwicklungskooperation für mehr Wohnkomfort

voestalpine Railway Systems und Getzner Werkstoffe haben sich vorgenommen, dieses Problem zu analysieren und neue innovative Lösungen dafür zu finden. Dabei wurde untersucht, ob eine Modifikation am Weichenherz selbst die akustischen Eigenschaften soweit verändern kann, dass bei gleichbleibender Funktion und Qualität eine hör- bzw. messbare Eindämmung der Stöße erreicht werden kann.

Von der Idee zum Konzept

Weichenherzstücke aus Hartmanganstahlguss haben mehrere Hohlräume an der schotterzugewandten Unterseite. Diese Hohlräume sind einerseits fertigungsbedingt, bieten auf der anderen Seite aber auch die Möglichkeit von Material- und Gewichtsreduzierung. Die Idee hinter diesem Projekt war es, diese Hohlräume der Weichenherzstücke mit einem hochdämpfenden PUR-Kompositwerkstoff zu füllen und somit eine Reduktion der Primärschallemission bei gleichbleibenden Performance und Wartungseigenschaften zu erreichen.

Prototypen und erste Feldversuche

Der erste Prototyp wurde unter Laborbedingungen getestet. Dabei wurde erkannt, dass die eingebrachte Dämpfung ab ca. 100 Hz zu wirken beginnt, die größten Unterschiede jedoch erst ab ca. 700 Hz beobachtet werden können.

Gemeinsam mit der ÖBB wurde im Juli 2021 der erste Feldversuch in Pfaffstätten, Niederösterreich auf der Südbahnstrecke gestartet und eine Überleitstelle mit Versuchsherzen ausgestattet. Hierbei wurden Weichenherzstücke des Typs „60E1 500 1:12“ verwendet und in den Weichen W1 und W4 bedämpft. Die Weichen W2 und W3 erhielten keine Dämpfung der Weichenherzstücke und dienen als Referenz, um die Unterschiede direkt gegenüberstellen zu können. Die erste Messung fand im September 2021 statt, wobei noch alle Weichenherzen in ihrer Überlaufgeometrie in optimalem Zustand waren. Folgende Grafiken zeigen die Messungen vom Zugtyp „Railjet“.

Da es noch keine Verschleißerscheinungen der Weichenherzstücke zum Zeitpunkt der Messung gab, sind jene Messungen nur als Bestandsaufnahme im neuen Zustand zu bewerten. Die gemessenen Unterschiede sind, wie erwartet, relativ gering.

Am Vormontageplatz der voestalpine Railway Systems in Zeltweg fand ebenfalls eine Messung mittels Impulshammeranregung an den vormontierten Weichenherzen statt. Dabei konnte im Summenpegel eine Verbesserung des anregungsnormierten Schallpegels um 60 % festgestellt werden. Zu beachten gibt es hier jedoch noch Umweltbedingungen (Nebengeräusche des Werksbetriebs). Der Klang des gedämpften Weichenherzstücks wurde aber deutlich dumpfer und nicht nachhallend wahrgenommen.

Es wird weiter geforscht

Durch die fortlaufende Abnutzung des Weichenherzstücks wird ein hörbarer Stoß mit steigender Tendenz erwartet. Dieser hörbare Stoß am Weichenherzstück würde in Folge das reine Rollgeräusch übertönen und zu diesem Zeitpunkt wird sich der Unterschied zu dem bedämpften Herzstück bemerkbar machen. Ein entsprechender Verschleiß sollte nach ca. 12 bis 18 Monaten gegeben sein. Das bedeutet, die nächste Messung zum Potenzial bedämpfter Weichenherzen wird voraussichtlich im Winter 2022 bzw. im Frühjahr 2023 erfolgen.

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